Das Interview wurde geführt von Christa Willin (November 2007)
Rolf – ich springe also ins kalte Wasser: mein erstes Interview – schön, dass das gleich ein Tandem-Sprung mit dem LSVB-Preesi wird! Ich hab Dir ja gleich angkündigt, als Du mich anfragtest wegen der Interview-Seite, dass Du dann mein erstes Opfer sein wirst – ich hoffe nur, das Wasser sei nicht allzu kalt…
Rolf: für mich oder für dich?
Na, für Dich, denk!
Rolf: (Unschlüssiges Achselzucken)
Nun weiss ich, dass Du schon ziemlich lange im LSVB bist – grad alt bist Du ja nicht, also bist Du dem Verein schon in ziemlich zartem Alter beigetreten?
Rolf: Oh, da muss ich zuerst rechnen, ich bin nicht mal sicher, du erwischst mich da grad auf dem linken Bein… ich glaube, das war 1984, also da war ich 26 Jahre alt. Ja, das sollte stimmen.
(ich habe das im Nachhinein verifiziert – es war am 08.01.1985; Anm. CW)
Ich habe früher alle für Spinner gehalten, die sich rennend durch die Gegend bewegt haben – seit wann gehörst Du zu diesen Spinnern und was hat Dich damals dazu bewogen ?
Rolf: Ich hab das damals gleich gesehen, für mich waren das auch alle Spinner. Ich spielte ja Fussball und Ausdauertraining war für mich ein Horror. Wenn ich sie beim St. Jakob gesehen hab – den Weg, den wir heute auch oft laufen – dachte ich immer, «die sinn nit ganz bickt», das macht doch gar keine Freude, ist doch langweilig ! Lange dachte ich so. Im 1982 hatte ich das erste Lauferlebnis – allerdings nicht ganz freiwillig. Ich hatte einen älteren Geschäftskollegen, der ging immer an den Burgdorfer und an den 100er. Er lebte nicht ganz seriös, rauchte sehr viel und trank auch ziemlich. Ging aber immer etwa joggen. Dann hatten wir ein Diskussion, wo er meinte, «Ihr junge Schnuudergoofe», 90 Minuten dem Ball nachrennen, sei ja keine Sache, da könne man ja immer wieder ausruhen – da liess ich mich hinreissen, zu sagen, «Dir alte Sack nimm ych am Burgdorfer glatt e Stund ab !» Dieser stand kurz bevor. Der Kollege sagte nichts mehr, aber am nächsten Tag kam er mit der Empfangsbestätigung der Post und sagte «Ich hab Dich angemeldet, das will ich sehen !». Ich hatte also zwei Wochen Zeit, mich vorzubereiten, ging auf die Finnenbahn – aber mehr als drei Mal kam ich nicht rum, das waren 6km… Aber: gesagt war gesagt. Und dann stand ich in Burgdorf am Start. Zum Glück war’s noch die alte Strecke. Ausgeschrieben waren 60 Leistungskilometer, aber letztens war die Strecke «nur» 44km. Eine gewisse Rennintelligenz hatte ich bereits: ich reihte mich ziemlich hinten ein. Neben mir stand ein «älterer Babbe» – nun, da war ich 24jährig, da ist ein etwa 60jähriger bereits ein alter Mann… doch man hat ihm angesehen, der läuft viel, der hat wohl Ahnung. Wir kamen ins Gespräch und er fragte mich, ob ich schon mal da gewesen sei. Ich meinte, nein, das sei mein erster Lauf. Er staunte nicht schlecht, fragte, ob ich trainiert habe. Ich erzählte wie’s war, «und da steh ich jetzt». Er gab mir den Tipp «geh es ganz langsam an, du musst dich dabei noch gut unterhalten können!» Das leuchtete mir ein. Als Fussballer ist man gewöhnt, schnell zu laufen, und da war genau das Problem. Auf der Finnenbahn war’s nach 6km immer aus. Ich startete als o langsam und war selbst erstaunt: die ersten 30km lief ich glatt durch. Aber was dann kam, war etwas bitter: Auf den Boden sitzen, ausruhen, etwas marschieren, wieder ein wenig joggen, wieder auf den Boden hocken und so bis ins Ziel. Am Schluss brauchte ich für die ziemlich coupierten 44km 4h13min. Im Rückblick betrachtet eigentlich eine saugute Zeit. Aber damals sah ich das nicht so, ich dachte nur «zum Glück issch dä Scheiss umme !» Das Schlimmste kam erst hinterher, während einer Woche war ich total kaputt. Alles tat weh, nicht nur die Beine, auch Oberkörper, Schultern, Arme. Ich wusste nicht wie liegen, wachte nachts vor Schmerzen auf. Von der Kloschüssel wieder hoch zu kommen war schier unmöglich, und Treppen nur noch rückwärts zu bewältigen – für mich war klar: Nie mehr!! So ein Quatsch! Ich ging wieder zum Schutte, war damit zufrieden, bis ich im Jahr darauf den zweiten Bänderriss holte. Da merkte ich, dass Fussball nach zwei schweren Operationen nicht so das Wahre sei.
Was waren das für Operationen?
Rolf: Einerseits eine Knieoperation, ich hatte das Seitenband gerissen und den Meniskus draussen und dann eben der Knöchel, wo es gleich alle drei Bänder genommen hatte. Nach den Operationen war ich verletzungsanfälliger, deshalb sagte ich mir: Schluss jetzt. Dann suchte ich nach etwas Neuem – und für mich war klar, es muss etwas sein «Mann gegen Mann». Das war ich gewöhnt, und das hat mir gefallen. Ich versuchte es mit Squashen. Das gefiel mir eigentlich sehr gut, aber meinem Knie eher weniger…. so wechselte ich auf Tischtennis. Das war aber für mich auch nicht das Spannenste. ich ging ein wenig joggen, damit ich nach der zweiten Operation wieder etwas in Form komme. Dabei kam mir plötzlich der Burgdorfer in den Sinn. Irgendwie hatte es mich trotzdem genervt, dass ich nur 30km weit gekommen war und mich den Rest so schleppen musste – da war der Beschluss gefasst: den machst du nochmals, das geht besser ! Ich trainierte also relativ viel, und immer ein wenig länger, und so allmählich kam dann auch ein gewisser Ehrgeiz auf. 1984 ging ich dann also wieder hin. Ich stellte fest, dass mir das Laufen doch Spass macht, und deswegen suchte ich einen Verein, weil ich merkte, dass ich alleine nicht mehr weiter kam.
Übrigens, konntest Du eigentlich Deinem Kollegen im ersten Burgdorfer die angekündigte Stunde tatsächlich abknöpfen?
Rolf: Ja, 1h2min war ich schneller als er. Er hatte sich darüber so sehr gefreut, dass er mich spontan zum Nachtessen einlud!
Und wie kamst Du den letzens Endes auf den LSVB? Das ist ja nicht der einzige Verein hierzulande.
Rolf: Damals organisierte der LSVB noch den «Basler Geländelauf. In der Ausschreibung waren die Trainingsdaten aufgeführt und da dachte ich, geh doch mal hin. Das erste Training ging natürlich total in die Hose. Ich startete viel zu schnell bei der ersten Gruppe und wurde dann sozusagen Gruppe für Gruppe durchgereicht, und selbst die Senioren mussten mich marschierend zurück begleiten….. (Schmunzeln…)
Von den alten Hasen hört man ja immer wieder Sprüche wie «früher, da war das anders, da ist noch trainiert worden!» – scheint ja heute nicht mehr der Fall zu sein – was war denn damals so anders ?
Rolf: Es war schon anders. Es wurde generell härter trainiert. Aber man muss vielleicht zuerst die Struktur des Vereins betrachten. Das waren Zeiten, als 11 Vereinsmitglieder den 100er unter 10 Stunden gelaufen sind oder wenn du den Marathon nicht unter 3h gelaufen bist, hast du zu den «Pumpen» gehört. Die besten liefen unter 2:30. Das muss man sehen. Die Leistungsgruppen waren viel grösser – es gab mindestens 15 Läufer, die den Marathon unter 3h gelaufen sind. Und man trainierte im Verein. Unabhängig, ob man seinen Saisonhöhepunkt im Frühling oder im Herbst gewählt hatte, ob man eher Berg oder eher flach lief –man lief zusammen. Man war nicht so stark auf den eigenen Trainingsplan fokussiert, sondern man ging einfach ins Training. Und dann wurde einfach gebolzt, das waren halbe Wettkämpfe. Keiner wollte hinten rein hängen, und so ging man oft bis an die Grenze. Trainingslehrmässig war das vielleicht nicht das Beste, aber trotzdem hatten alle Erfolg damit. Die Trainings brachten was. Wir waren aber auch alle jünger, so 30-40jährig, da hat man das auch noch vertragen. Auch die Longjoggs hat man einfach im 5er-Schnitt heruntergedonnert, egal ob bergauf, bergab, man ging einfach. Man war vielleicht auch härter sich selbst gegenüber als heute und schaute nicht «passt jetzt das in den Trainingsplan», sondern ging einfach. Das hat auch eine gewisse Wettkampfhärte gegeben, und die Leidensbereitschaft war sicher grösser. Aber es war auch eine andere Zeit. Heute ist vielleicht die berufliche Belastung so hoch, dass man nach dem Job gar nicht mehr ein ev. hartes Training anhängen kann oder will. Damals war 15km mit Abstand die kürzeste Trainingseinheit, darunter ging man gar nie. Das Mittel lag eher bei 18-20km und 30-35km der Longjogg. So kam man bald mal auf 100km in der Woche, und das hat es auch gebraucht. Ich glaube, das ist der grosse Unterschied.
Siehst Du heute im Vergleich zu damals einen Nachteil? Sind wir wirklich zu einem reinen «Funhaufen» verkommen, wie einige meinen – oder anders: vermisst Du das «alte» Training?
Rolf: Das ist genau die Frage, die mich als Präsident am meisten beschäftigt. Es tut mir weh. Ich persönlich könnte ja nicht mehr in diesen Spitzengruppen mitlaufen. Aber mir fehlen die Gruppen 1 und 2, das ist mein Sorgenkind. Ich möchte nicht Präsident sein von einem Lauftreff. Wir heissen «Laufsportverein Basel». Und ein Sportverein braucht eine Spitze, muss aber auch ein Gefäss sein für Mitglieder, die nur gelegentlich trainieren wollen und den Laufsport mehr aus dem Fitness-Gedanken betreiben. Nur: die Gruppe 1 und 2 dürfen nicht verschwinden. Wenn wir diese Gruppen nicht mehr haben, sind wir kein Sportverein mehr, sondern effektiv ein Lauftreff, und dazu braucht es auch keine grosse Infrastruktur mehr.
Die Spitzengruppen sind zurzeit zu schwach besetzt, was verschiedene Gründe hat. Einige sind verletzt und andere trainieren für sich individuell. Wir haben viele gute Leute, die aber nicht mehr ins Training kommen, sie haben ihre eigenen Trainingspläne. Früher kam man einfach ins Training.
Die Frage ist: wie geben wir da Gegensteuer, damit die Gruppen 1 und 2 wieder Anreize haben, zu kommen. Mit dem ersten Projekt sind wir leider gescheitert. Wir wollten diese Athleten unterstützen, indem wir ihnen in der Person von Thomas Tanner einen Trainingsberater mit grosser Fachkompetenz zur Verfügung stellen. Sein Rat war aber bei den meisten Läufern gar nicht gefragt, weil sich jeder nach unterschiedlichen Trainingsplänen ausrichtet. Das passt dann eben nicht zusammen. Jetzt suche ich nach anderen Unterstützungsmöglichkeiten. Denkbar ist, dass wir zusammen mit einer Sportklinik unseren Mitgliedern ein Produkt mit den Komponenten ärztliche Betreuung (z.B. Hotline, Arzt- und Therapiebesuch innerhalb 24 Stunden), Lactattest mit Trainingsberatung, Laufanalyse usw. anbieten. Denkbar ist aber auch ein Massageangebot zur Förderung der Regeneration..
Diesbezüglich laufen zurzeit Gespräche. Für die Spitzenläufer würde der Verein die Kosten dafür übernehmen, im Gegenzug verpflichten sie sich an einer gewissen Anzahl Vereinstrainings teilzunehmen. So könnten wir sie unterstützen und schaffen zusätzlich einen Anreiz, wieder vermehrt ins Vereinstraining zu kommen. Selbstverständlich steht das Angebot allen Mitgliedern zur Verfügung. Wenn wieder mehr Leute ins Training kämen, hätten wir wieder interessantere Gruppen 1 und 2, und das würde allen etwas bringen. Das ist meine Hoffnung. Wir sind also am Verhandeln, aber wie es rauskommen wird, weiss ich noch nicht.

Hat sich auch im – nennen wir’s «Vereinsleben» – gegenüber früher etwas verändert?
Rolf: Ja, es hat sich schon ein wenig gewandelt, in positiver wie in negativer Hinsicht. Positiv empfand ich früher, dass man nach dem Training in aller Regel gemeinsam noch etwas trinken ging. Dienstags war man jeweils im Landauer – da gingen praktisch alle zusammen noch hoch ins Beizli. Der Beizer wusste das schon und stellte schon mal zwei Harassen «Warteck light» auf den Tisch. Jeder schnappte sich eins und man hockte noch gesellig zusammen. Das war früher viel ausgeprägter. Auch in den Trainingslagern wurde mehr «auf den Putz gehauen» als heute; da gibt es Geschichten da stehen einem die Haare zu Berge….
Heute, handkehrum, gibt es dafür mehr Vereinsleben auch ausserhalb des Trainings. Früher gab’s noch die Bergwanderung, da ging man im September in die Berge, aber sonst lief ausserhalb der Trainings und Longjoggs nicht viel. Heute gibt es noch anderes: die Longjoggs sind ausgebaut worden, so dass ein Angebot für alle besteht, oder man trifft sich mal zum gemeinsamen Pizzaessen, Paëllakochen, oder kulturellen Anlässen. Das gabs früher nicht, und das ist heute positiv.

Worauf führst Du das zurück?
Rolf: Schwierige Frage, das weiss ic h eigentlich nicht. Vielleicht liegt’s daran, wenn die Garderoben nicht gerade am selben Ort sind wie das Lokal, wo man danach hingeht. Vielleicht hat man aber auch einfach mehr Programm im allgemeinen, so dass auch andere Abende mit anderem belegt sind – so dass man einfach mal auch wieder heim will.
Trainierst Du auch ausserhalb des Dienstags – und Donnerstagstrainings alleine, und falls ja, verfolgst Du dabei ein bestimmtes Konzept oder einen Trainingsplan?
Rolf: Ja, ich versuche zurzeit, 4x wöchentlich zu trainieren. Das gelingt manchmal, nicht immer. Ich habe jetzt mehr als 20 Jahre trainiert und dabei nie ein Konzept gehabt. Ich lief keine schlechten Zeiten und wusste, hätte ich ein Konzept, könnte ich noch schneller sein. Ich habe mal versucht, nach Plan zu trainieren, aber das hat mir gestunken. Es war nicht dasselbe. Ich wusste immer, dass ich viel zu schnell trainiere, aber es hat mir einfach Spass gemacht zu «bolzen». Es gab Wettkämpfe, die lief ich langsamer als im Training. Natürlich waren meine Trainings nicht grad sehr durchdacht, aber sie haben Spass gemacht. Und das war mir wichtiger, als im Wettkampf noch ein paar Minuten schneller zu sein. Dieses Jahr hab ich das geändert, da ich langsam das Alter spüre, das an mir nagt. Letztes Jahr hab ich noch einmal viel trainiert, wollte es noch einmal wissen. Aber die Wettkampfzeiten waren mies, und das hat mich frustriert. Dann hab ich ab Oktober eine «schöpferische Pause» gemacht; ich brauchte etwas Abstand zum Laufen. Ich merkte dann, wenn ich so weiter trainiere wie früher, also immer zu schnell, dann erhole ich mich nicht mehr schnell genug. Deshalb trainiere ich jetzt nach Plan. Und es ist nicht einfach, nach Plan langsam zu laufen, es strengt mich fast mehr an. Ich hab mir sogar extra den Garmin (GPS) gekauft, um mich kontrollieren zu können! Mein Ziel ist es, nächstes Jahr wieder einen guten Marathon zu laufen. Jetzt gilt es, keine Verletzung zu riskieren, und so mache ich jetzt, nach ¾ Jahren Pause, einen langsamen Aufbau.
Und was bedeutet Dir persönlich das Laufen – hat sich die Motivation heute gegenüber früher verändert?
Rolf: Früher war mein Denken natürlich schon eher leistungsbezogen. Man hat etwa alle km auf die Uhr geschaut um zu kontrollieren, ob man ihn gleich schnell wie den vorherigen gelaufen hat. Ich habe auch eher Trainings mit andern Trainings verglichen – einfach eher leistungsorientiert. Heute nehme ich es eher gemütlicher und bin nicht mehr so vergiftet. Früher hätte es das nicht gegeben, ein Training auszulassen. Hatte ich etwa eine Einladung, dann schaute ich wie ich das Training vorher noch rein bekomme. Allenfalls hab ich 2km abgezwackt, aber sicher nicht das Training fallen lassen. Das mach ich heute nicht mehr. Habe ich heute um 19h eine Einladung, dann gehe ich nicht ins Training, fertig Schluss. Früher hätte mir das Mühe gemacht, heute gar nicht mehr. Heute kann ich lockerer trainieren, aber Ziele brauche ich immer noch. Ohne Wettkampfziel würde ich wohl nicht mehr 4 Mal gehen. Aber wenn ich Wettkämpfe machen will, dann reichen 2-3 Trainings nicht aus. Auch das Training macht ja erst Spass, wenn man ein paar km locker laufen kann. Und meine Motivation ist wohl, dass ich ein «Zwirbli» bin. Ich kann nicht lang irgendwo hocken, brauche Bewegung – die einen nennen das «ungemütlich, nervös», ich nenne es einfach «lebendig». Laufen, das kann ich immer machen, da bin ich ziemlich frei. Für mich ist es wichtig, draussen zu sein. Eine Sportart drinnen in der Halle wär’ nicht dasselbe. Ich muss draussen sein können und unabhängig, und deshalb macht das Laufen Spass. Da kannst Du alleine gehen, oder mit Kollegen, kannst in einem Verein sein, kannst Deinen Gedanken nachhängen – an und für sich ist es die ideale Sportart und passt zu mir.
Gibt es ein Gebiet, wo Du am liebsten läufst? Etwa so hier bei Dir in der Gegend? Wäre das mal was für einen Longjogg «zu Gast bei einem Vereinsmitglied»?
Rolf: Jaja, das haben wir hier schon einmal gemacht! Ich hab da so eine Runde, die auf den Verein zugeschnitten ist. Ich nenne sie die «Killerrunde»; sie ist nicht ganz 24km, man hat aber sicher 2½-3h dafür, denn es ist kein Meter flach, sondern geht immer auf und ab – das haben wir vor ca. 4 Jahren gemacht mit anschliessendem Brunch. Da könnte man nächstes Jahr wieder machen, einfach während der Sommermonate, wenn man draussen sitzen kann, wenn viele kommen.
Ich freu mich bereits drauf! Nun, Du hast die Wettkämpfe angesprochen. Hast Du viele gemacht? Du hast die schöpferische Pause angesprochen – aber trotzdem, ich kann mich nicht entsinnen, Deinen Namen oft auf Resultatelisten gelesen zu haben.
Rolf: Ich glaube, es hat kein Jahr gegeben, in welchem ich mehr als 10 Wettkämpfe gemacht habe. Und in den letzten Jahren waren es relativ wenige, das muss ich zugeben.. Aber ich war nie einer, der viel an Wettkämpfe gegangen ist – jedes Wochenende etwas, das wäre gar nichts für mich. Ich suchte meistens 2 Saisonhöhepunkte raus, einen im Frühling und einen im Herbst, auf die habe ich hin trainiert. Davor habe ich meistens 2-3 Vorbereitungswettkämpfe gemacht, auf die ich mich nicht besonders vorbereitet habe, sondern einfach hinging, um etwas Belastung zu haben. Aber auf die Saisonhöhepunkte habe ich mich dann jeweils auch psychisch und mental vorbereitet. Das war sehr wichtig.
Waren das dann hauptsächlich Marathons?
Rolf: Ja, Marathon oder 100km-Läufe.
Und gibt es solche die dir besonders in Erinnerung blieben? Gibt es einen, wo Du sagen kannst, das war mit Abstand der Schönste – und auch einen «Schlimmsten»?
Rolf: Èiner der Schlimmsten war natürlich der erste, von dem wir schon gesprochen haben. Aber es gab auch andere. Wobei sich das im Hinterher immer relativiert: war es wirklich schlimm? Nachträglich empfindest du es gleichwohl als gutes Erlebnis, auch wenn es knallhart war. Ich denke vorab an die 100er, von denen ich acht gemacht habe. Er ist nach wie vor für mich der Lauf der Läufe. Wenn es dann mal nicht so gut läuft im Training, denke ich mir «geh weiter», am 100er wirst du auch mal eine Krise haben und dann gibt’s kein Zurück! Das gefällt mir, diese Einstimmung auf diesen Lauf, und dann s tehst Du am Start und weißt nicht, komme ich durch oder nicht. Aber weil ich mich schon ein halbes Jahr vorher damit befasst habe, bin ich dann mental relativ stark und weiss, es gibt kein Aufgeben. Letztes Jahr hatte ich einen Horror-100er. Ab km 30 bekam ich starke Magenprobleme mit Krämpfen. Zum Glück hatte ich Ueli Urwyler als Betreuer dabei. Alle 3-4km musst ich auf den Boden legen und warten bis die Krämpfe etwas abflauten, anschliessend wieder leichtes joggen, liegen usw. Die Zeit war natürlich frustrierend. Aber dennoch, nachträglich freuts dich dass du’s durchgezogen hast. Die Schmerzen vergisst man. Und der schönste Lauf, nach dem Du mich gefragt hast, das ist der RuBi – rund um den Bielersee. Landschaftlich ist das ein irrsinnig schöner Lauf ! Ich muss sagen, ich hab nochkeinen schöneren Lauf als diesen gesehen.
Ganz andere Frage ! Du bist Leiter eines Zollamtes, somit also beruflich schon einigermassen unter Druck, und im LSVB hast Du das Präsidium – über mangelnde Auslastung kannst Du Dich also bestimmt nicht beklagen. Wird Dir das nicht manchmal zuviel und kommt da nicht einiges zu kurz oder bleibt ganz auf der Strecke? Oder stehst Du ganz einfach gerne im Mittelpunkt? (Du kennst ja meine Teufelshörnchen bereits bestens…)
Rolf: Zu kurz kommt sicher manchmal was, also…. – Du kannst ja Maria fragen nachher…… Ich hatte es immer schon so. Früher war ich hier in Zeiningen in der Feuerwehr, und als dann mit 40 Jahren die Midlifecrisis begann, sagte ich mir, ich muss was für den Kopf machen und hab die höhere Wirtschaftsschule gemacht. Ich bin es gewohnt, immer was nebenbei zu machen. Ich war auch schon mal im Vorstand als technischer Leiter. Die Motivation ist nicht «im Mittelpunkt stehen». Aber wenn dir etwas gefällt, machst du es gerne. Der LSVB liegt mir nun mal am Herzen, ich bin seit über 20 Jahren dabei – dann kannst du nicht einfach die Augen verschliessen. Als ich in den Vorstand ging, sah ich das als meinen Beitrag an den Verein, der für mich auch viel gemacht hat. Präsident zu werden war gar nicht mein Ziel. Es gab damals Unstimmigkeiten im Vorstand. Ich gebe zu, ich habe mich da auch etwas eingemischt, weil ich Angst hatte, es könnte viel kaputt gehen, das in den letzten Jahren aufgebaut wurde. Vom Vorstand wurde ich mit der Aufgabe betraut, einen neuen Präsidenten zu suchen. Ich hatte ziemlich genaue Vorstellungen, fragte nicht einfach jeden. Klar, Präsident kann eigentlich jeder machen, aber es ist immer gut, wenn ein gewisses Background-Wissen da ist, z.B.: wie läuft das mit unsern Veranstaltungen Birslauf, Stadtlauf, Marathon-Tage; was für Partner haben wir dabei, wie stark haben die uns in früheren Jahren schon unterstützt. Einer, der neu im Verein ist, weiss sowas dann ganz einfach nicht, kann es nicht wissen. Das war mir also wichtig. Ich habe dann mehrere Leute gefragt, und viele haben gesagt, «nein, das möchte ich nicht – warum machst Du es nicht selber?» Nachdem ich etwa 12 Absagen bekommen habe, dachte ich, «warum eigentlich nicht?» So kam das dann.
Erzähle doch mal etwas mehr über Dein Berufsleben. Zollinspektor – da denkt man gleich an Schmuggel aufdecken und ähnlich Spektakuläres. Bist Du noch an der Front dabei?
Rolf: Also, ich bin Chef des Autobahnzollamtes Basel St/Louis Autobahn mit 76 Mitarbeitern.. Unser Geschäft ist die Güterabfertigung, also Lastwagen. Ja, natürlich kommt man schon mal mit Schmuggel in Berührung, aber das ist längst nicht das Einzige. Da gilt es Gesetze zu berücksichtigen, die gar nicht in erster Linie den Zoll betreffen, was wir aber aus praktischen Gründen gleich mitkontrollieren. Z.B. Kontrollen im Bereich der Lebensmittelbestimmungen; aktuell sind zur Zeit unzulässigen Substanzen in Spielwaren. Bei grösseren Aufdeckungen werde ich schon beigezogen. Aber sonst beschäftige ich mich mehr mit Personalführung, organisatorischen Abläufen und betrieblichen Fragen.
Ich wollte Dich eigentlich fragen, ob Deine Familie auch läuft, aber das wurde mir ja vorhin beim Frühstück schon beantwortet. (Die Söhne spielen Fussball, und Maria geht ins Fitness zum Aerobic und ähnlichem)
Rolf: Ja, wobei ich sagen muss, dass der Jüngere, Luca, eigentlich wirklich Talent hätte. Vor zwei Jahren hat er ganz spontan am Birslauf mitgemacht, weil er grade keinen Match hatte – einfach so, ohne Vorbereitung, und ist ihn in 46 Minuten gelaufen. Und das mit 12 Jahren! Das finde ich schon beachtlich. Aber trotzdem: die sollen nur einen Mannschaftssport betreiben, das finde ich viel besser. Da kommt auch der Aspekt vom sozialen Gefüge ins Spiel, das finde ich wichtig.
Läuft Jimmy (das ist der Foxterrier) dafür manchmal mit?
Rolf: Oh nein, das geht nicht! Also er würde es problemlos auf etwa 13km bringen, nur, ich müsste ihn an die Leine nehmen, und dann kann er nicht schnüffeln. Das ist nichts für ihn – er ist ein Jagdhund.
Was gefällt Dir am meisten und was stört Dich am meisten in Deiner Aufgabe als unser Preesi?
Rolf: Ou, das ist eine schwierige Frage !! (studiert lange). Nicht einfach zu beantworten. Schwierig finde ich den zunehmenden Individualismus, vorab in den Leistungsgruppen. Viele trainieren alleine nach ihrem persönlichen Trainingsplan. Oder dann gibt es solche, die finden die Zeit nicht gut, es stinkt ihnen bis 18:30h zu warten, wenn sie auch um 17h gehen können. Dann kommen sie einfach fast jahrelang nicht mehr in den Verein, bloss noch zur GV und dem Essen. Das stört mich schon ziemlich. Positiv empfinde ich, dass es doch noch viel persönliches Engagement gibt. Wenn man Leute um Hilfe fragt, findet man sie auch, sei es für Aufgaben innerhalb des Vereins oder auch Helfer bei den Anlässen. Weiter finde ich erfreulich, dass es so viele Anlässe gibt, auch die vielen Trainingslager in Ettenheim, Mallorca oder die Sommerlauftage. Da braucht es immer Organisatoren, und die investieren viel Zeit da rein. Das ist toll. Und solche Dinge machen natürlich meinen Job als Präsident auch wesentlich einfacher!
Hast Du klare Wünsche an die Vereinsmitglieder ? Und gibt es persönliche Visionen für den LSVB?
Rolf: Visionen habe ich schon: Ich möchte, dass wir wieder mehr Läufer mit Marathonzeiten unter 3h haben – mit andern Worten, ich möchte die Spitze aufbauen. Mein grosser Wunsch ist, dass sich die Mitglieder weiterhin im Verein engagieren, sei es in den Trainings oder an den Vereins-Anlässen Birslauf, Stadtlauf und Marathon-Tage, Trainingslager usw. Nur mit Hilfe jedes Einzelnen können wir weiterhin solche Anlässe durchführen. Weiter würde ich mir wünschen, dass sich wieder mehr Mitglieder an der Vereinsmeisterschaft beteiligen. Wir sind ein Sportverein, da gehört der Sportsgeist einfach dazu – und dazu gehört halt auch, dass man sich mit Anderen misst.
Weißt Du eigentlich, dass Du sehr interessante Namensvetter hast? Da gibt es beispielsweise einen Künstler… und apropos Kunst: welche andern Interessensgebiete gibt es für Dich nebst dem Laufen noch? Bleibt überhaupt noch Zeit, Hobbies nachzugehen?
Rolf: Ja, Zeit bleibt schon, mal mehr, mal weniger. Also mit der Kunst hab ich’s nicht so, dafür hab ich keinen so grossen Sinn, auch nicht für Musik (selber musizieren). Sport interessiert mich im Allgemeinen sehr. Computer, lesen sind weitere Hobbies und natürlich jassen. Einmal im Monat treffe ich mich mit Kollegen zu einem emotionalen Spielabend. Ich arbeite auch ganz gerne im Garten und betätige mich gerne als Heimhandwerker. Eben habe ich das Zimmer vom jüngeren Sohn gestrichen und einen neuen Boden verlegt.
Ein «Credo», das auch jeden Lauf-Muffel so sehr überzeugt, dass er in den nächsten Sportladen läuft und mit Laufschuhen wieder rauskommt?
Rolf: Oh, ich denke, das gibt es nicht. Ich finde auch nicht wichtig, dass jeder läuft, sondern dass jeder Sport macht und sich bewegt. Das Credo wäre «Der Mensch ist nicht zum Sitzen gemacht»!
Und Dein persönliches Lebensmotto?
Rolf: Nimm die Dinge nicht zu ernst!
Rolf, es war spannend, ich hab mich gefreut, mich mit Dir unterhalten zu können und etwas von Dir zu erfahren und danke Dir herzlich für die Zeit und das Gespräch!
P.S.: Bei meiner Ankunft: stürmische Begrüssung von Foxterrier Jimmy, als wären wir alte Bekannte. Vor dem Frühstück noch ein Pläuderchen bei Kaffee mit Rolf und Maria, welche meint, sie hätte da auch noch einiges zu erzählen. Ich sage., ich werde noch auf sie zukommen…
Nach dem Interview meint Maria scherzhaft, jetzt habe ich doch sie gar nicht befragt, was sie zu all dem zu sagen habe… ich gab zurück, da habe sie recht – wir könnten ja eine neue Rubrik «Interview mit den Partnern von LSVB-Mitgliedern» starten…
Herzlichen Dank Euch Beiden noch einmal für Eure Gastfreundschaft und die gute Zeit!

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