Bericht verfasst von Katalin Erdélyi

Luzerner Vereinreise á la Kati

Was ist eigentlich kurz und was ist lang? Wie kurz ist der Kurze und wie lang ist der Lange? Jeder hat sich ganz bestimmt in seinem Leben mit den oben genannten Fragen auseinandergesetzt. Ich selber auch schon. Es wurde vielleicht nicht in jeder Situation so explizit ausgesprochen, wie in der Morgendämmerung am 28. Oktober auf der Bahnreise nach Luzern. Ich wollte mich nicht unbedingt schon so früh mit so philosophischen Fragen beschäftigen – einfach zu wissen, was für eine Hosenlänge ich zu meinem ersten Halbmarathon wählen soll. Beruhigende Antwort habe ich nicht mal von den Profis bekommen. Sandrine – noch fleißig am Frühstücken – hat mich nachdenklich angeschaut und gesagt: Na ja, was ist eigentlich kurz? Es wollte wohl eine poetische Frage sein. Kann doch nicht alles so relativiert werden. Oder doch?
Das Wetter ist schlecht, es ist kalt, es regnet, es nebelt, es hagelt. Na, nicht etwas heftiges. Einfach so klassisches Novemberwetter. Aber es ist Oktober. Der Lauf startet gleich und ich bin so happy, dass ich endlich so weit bin. Mein Herz klopft schneller (na gut, das vielleicht auch wegen Pieros Colafröschlis, die ich noch auf der Hinreise reingeworfen habe. Und seit dem Sommertrainingslager – Dank an Ursula – weiß man schon Bescheid, dass Colafröschli Herzrasen verursachen. Und ich habe mir noch ganz naiv gedacht, dass Haribo einfach froh macht.)

Liebe Ursula, ich muss mich bei dir entschuldigen. Auf dem Internet findet man unendliche Literatur darüber wie gefährlich diese harmlos scheinenden Gummibärlis und ihre Mitstreiter sind. Und meine Mama kriegt auch immer Herzrasen vom Aspartam, was ich als Kind irgendwie sehr lustig fand. Zu der Wahrheit gehört, dass ich nicht mal Koffein oder Aspartam brauche, um Herzrasen zu bekommen …

Herzrasen hin oder her, es geht los. Die Stimmung ist karnevalisch, Guggenmusikformationen überall der Straße entlang. Unter zehntausend Laufbegeisterten zu laufen ist schon ziemlich cool. Bei dem ersten steileren Hügel fängt es an zu hageln. Na gut, hier fühle ich mich schon ein bisl wie ein Hero, bzw. wie eine Heroine. Was mir dabei hilft – außer der Hammerstimmung, der malerischen Umgebung und der Kälte, die mich ziemlich in die Richtung Ziel treibt …

Jeder erinnert sich an den Film Chariots of Fire (auf Deutsch: Die Stunde des Siegers). Den habe ich zum ersten Mal mit 15 gesehen und er hat es mir so angetan, dass ich danach gleich meinen ersten 10 km Lauf absolviert habe. Schnitt. Nach diesem vielversprechenden ersten Schritt auf meiner Laufbahn war ich ungefähr 14 Jahre lang lauftechnisch nicht viel unterwegs. Ich verstehe die Gründe selber nicht wirklich.
«Aber die auf den HERRN harren, kriegen neue Kraft, dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler, dass sie laufen und nicht matt werden, dass sie wandeln und nicht müde werden.»
Wie in dem zitierten Film den Jungs, hilft mir dieser Text auch voll gut, bzw. die Erinnerung an die Jungs im Film, denen dieser Text aus der Bibel viel half. Und bei dem «auffahren mit Flügeln wie Adler» kann ich Manuels Ratschläge sehr gut brauchen. Nämlich, dass ich mit meinen Armen nicht hin und her schwingen sollte, wie ein Mädchen im Kindergarten. Nach dem 15. km bin ich doch ein bisl matt und brauche wieder einen mentalen Zuckerschuss. Weg mit den Bibeltexten und mit den hübschen Chariots of Fire-Jungs und her mit den Gedichten, die ich mal als Teenager auswendig lernte. Die helfen wieder sehr gut auf den letzten Kilometern. Ich spüre meine Chakras, trotz Sauwetter – egal, was es eigentlich bedeuten sollte. Ich fühle mich am Ziel so euphorisch, dass es auch besser ist, mich nicht daran zu erinnern: es sei eigentlich teilweise nur ein Hormonspiel des Körpers. Oder nicht nur teilweise. Egal, lass uns noch ein bisschen weiterspielen.
Mit den Anderen treffen wir uns nach dem Lauf im Restaurant, wo Romina uns Platz und ein feines Menu reserviert hat. By the way, Romina: während mich fast die Halbmarathonstrecke an meine Grenzen bringt, brauchen andere neue Herausforderungen. Dazu gehört auch Romina, die sich direkt aus einer Party – ohne geschlafen zu haben – auf den (Halbmarathon)Weg machte. Desto grösser der Respekt für das Resultat und die Organisation.
Ein tiefgründiger philosophischer Dialog mit Andi Tschannen hält mich noch auf dem Heimweg wach, dann kommen wir in Basel an, ab ins Bett, schlafen.
Mein Stolz hält ungefähr so lange wie mein Muskelkater. Ein Tag noch nach dem Lauf und das Gefühl eine Heldin zu sein, wie der Herbstnebel, steigt auf. Die Sonne scheint wieder durch die Herbstbäume, leichter Juckreiz in den Beinen, die freuen sich schon auf den nächsten Ausritt.

2 thoughts on “Vereinsreise Luzern Marathon

  1. Interessanter Bericht. Es war sicher zu kalt für shorts – was fast jede(r) TeilnehmerIn schon wusste. 😉 Und .. ich konnte Chariots of Fire erst mit 16 schauen, aber gratis wegen promo-stadtlauf .. 37 Jahre vor meinem Marathondebut.

  2. kurz oder lang, kalt oder warm? alles relativ oder wie war der Spruch «frieren findet nur im Kopf statt?». Du hast es geschafft gratulation. Aber wenn du der Meinung bist kurz oder lang ist das Einzige worüber man beim Laufen philosophieren könnte dann greif mal das Thema Laufschuhe auf… 🙂 Du kannst ja mal anfangen zu lesen, mit diesem Link hier zum Beispiel. https://www.lsvb.ch/laufschuhe-kaufen-ganz-einfach-oder-doch-nicht/

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