Am 7./8. Juni 2013 fand die 55. Auflage des Bieler 100-Kilometerlaufs statt. Am Start standen gesamthaft über 1‘000 Läufer/-innen, welche die grosse Runde in Angriff nahmen. Mit dabei waren auch Daniel Hug und ich (Daniel Schwitter).
Wir waren in der Kategorie 100-Kilometer-Militär-Patrouillenlauf  angemeldet. Das Reglement schreibt vor, dass das Team den Lauf vom Start bis ins Ziel gemeinsam absolvieren muss. Die Idee, diesen Teamlauf zu absolvieren, entstand spontan während eines längeren Trainingsausflugs zwischen Basel und Weissauchnichtmehrwo.
Punkt 22:00 Uhr erfolgte der Startschuss. Wir wollten unter keinen Umständen zu schnell los laufen und so genossen wir die ersten Kilometer durch die Stadt Biel mit den unzähligen Zuschauern, die alle Läufer/-innen frenetisch anfeuerten. Was für eine Stimmung!
Die Strecke ist anspruchsvoll. Mehrere ruppige Anstiege und immer wieder wechselnder Untergrund verlangen von Teilnehmenden alles ab.
Auf der Holzbrücke vor Aarberg standen die Zuschauer dicht gedrängt und feuerten die Läufer/-innen mit extremer Begeisterung an. Diese Stimmung ist gigantisch. Cool bleiben und das Tempo halten. Nach Aarberg kehrte wieder Ruhe ein und es hiess wieder eintauchen in die dunkle Nacht.
Ein Stumpen rauchender älterer Mann stand später mitten in der Nacht im Nirgendwo an der Laufstrecke. „Hopp Schwiiz, hopp Schwiiz … es isch nüm wit“ rief er uns zu und paffte genüsslich an seinem Tabakteil. Nicht mehr weit? Nur noch etwas über 50 Kilometer bedeutete das zu diesem Zeitpunkt für uns. Alles relativ.
Zwischen Kirchberg (Kilometer 56) und Gerlafingen (Kilometer 67) führte die Strecke auf und neben dem Damm der Emme entlang, dem legendären Ho-Chi-Minh-Pfad. Unser Ziel war, den Streckenabschnitt sturzfrei zu bewältigen. Die Dunkelheit erschwerte diese Passage noch mehr. Der Weg ist zum Teil sehr schmal und der Untergrund erinnert eher an einen Traillauf. Ohne Stirnlampe ist man hier verloren. Zusätzlich machten sich bei mir muskuläre Probleme am linken Oberschenkel bemerkbar. Ein Zeichen des Körpers. Er hatte die Komfortzone verlassen. Diese Krise forderte mir mental einiges ab. Ruhig bleiben, Pace zurück nehmen und durchbeissen. Es kann nur besser werden, dachte ich mir. Es wurde besser.
Nach dem Ho-Chi-Minh-Pfad konnten wir uns eine kurze Zeit auf einem mehr oder weniger flachen Abschnitt erholen, bevor wir den letzten ruppigen Anstieg bei Bibern in Angriff nahmen. Nun war Dani Hug mit seiner Krise an der Reihe. Er lief zum ersten Mal einen Hunderter. Er lernte die Gesetze des Ultramarathonlaufs 1:1 persönlich kennen. Zu kurze Trainingsläufe oder falsch verpflegt? An der Verpflegung lag es definitiv nicht! Was dieser Dani Hug alles futtert. Unglaublich. Ich musste ihn an den zahlreichen Verpflegungsposten vom Buffet wegzerren, um nicht zu viel Zeit zu verlieren. Damit mir seine Esserei nicht auffiel, steckte er sich noch zusätzlich Schokoriegel in die Laufhose und naschte diese hinter meinem Rücken.
Eine grosse Herausforderung bei diesem Teamwettkampf ist das Zusammenspiel. Das Lauftempo musste bei einer Schwäche des Anderen immer wieder angepasst werden. Durch das wir zusammen schon hunderte von Kilometer gemeinsam im Training zurück gelegt hatten, waren wir ein eingespieltes Team.
Zurück auf die Strecke. Bibern und der letzte Aufstieg lagen hinter uns. Wir spulten fleissig weiter unsere Kilometer ab.
Letzter Verpflegungsposten. Ich ordnete Dani Hug an, nichts mehr zu essen und zu trinken, um den Sieg nicht aufs Spiel zu setzen. Wir waren über den Rückstand der zweitplazierten Patrouille nicht informiert und gingen deshalb von einem Vorsprung von 5 bis 10 Minuten aus. Um auf den letzten 5 Kilometer nochmals Vollgas geben zu können, entschied ich mich doch anders und wir tankten zwei Becher Cola auf. Das war wie Kerosin. Unsere Beine flogen danach. Dani wusste noch nichts von meinem Plan, unter allen Umständen unter 9 Stunden zu bleiben und ich erzählte ihm auch nichts. Er gab sich zu diesem Zeitpunkt mit einer Zeit von knapp über 9 Stunden bereits zufrieden. Nein, wir sind hier um alles zu geben, dachte ich und zog das Tempo an. Waren wir vorher mit einer Kilometerpace von etwa 5:50 unterwegs, erhöhte ich die Pace auf knapp unter 4:30. Dani hielt mit. Ich hatte auch nichts anderes erwartet. Auf den letzten 5 Kilometer überholten wir noch zahlreiche Läufer. Es windete nur so, als wir vorbeizogen. Die letzten Meter. Vor der Ziellinie streckten wir unsere Arme in die Luft und jubelten. Die Patrouille ‚Team LSV Basel‘ siegte in einer Zeit von 8:57:21 Stunden; mit knapp 40 Minuten Vorsprung auf die Zweitplatzierten.
Das Schweizer Militär führte anschliessend die Siegerzeremonie durch. Als Gewinner wurden wir reichlich beschenkt. Als krönender Abschluss spielte die Militärmusik die Schweizer Nationalhymne für die Gewinnerpatrouille. Alle standen auf und würdigten unseren Sieg. Was für ein Gefühl!

Biel 2013 2


 
 

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